Tokios stille Gärten – Oasen jenseits des Trubels

Kontinent oder Ozean
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Wenn man an Tokio denkt, dann erscheinen oft Bilder von Bewegung, Geschwindigkeit und Dichte vor dem inneren Auge: Menschenmassen, die sich über die berühmte Kreuzung von Shibuya schieben oder in den U-Bahnstationen von Shinjuku förmlich ineinanderfließen. Die größte Metropole der Welt lebt im Puls der Zeit – und scheint keinen Moment zur Ruhe zu kommen.

Doch Tokio hat eine zweite Seite. Eine, die sich dem offenbart, der innehält und sucht. Zwischen den Betonwänden der Hochhäuser, fast verborgen hinter Glasfassaden und Schnellstraßen, liegen Gärten, die seit Jahrhunderten still den Wandel der Zeit überdauern. Wer sie betritt, verlässt die Welt der Eile – und findet sich in einer anderen Wirklichkeit wieder.

Uns hat es bei mehreren Besuchen immer wieder zu zwei dieser Orte hingezogen: dem Koishikawa Kōrakuen und dem Hama-rikyū Garten. Beide sind durchzogen von Wegen, die sich sanft durch Teiche, Wasserläufe und blühende Hügel schlängeln. Beide wirken wie innere Schutzräume – bewahrt durch die Mauer moderner Hochhäuser, die sie umgeben und zugleich vor dem Lärm der Welt abschirmen.

Der Koishikawa Kōrakuen ist einer der ältesten Gärten Tokios, angelegt in der frühen Edo-Zeit um 1629. Einst das Privatrefugium des Fürsten Tokugawa Yorifusa, vereint er chinesische Landschaftsideale mit japanischer Gartenkunst. Besonders eindrucksvoll ist die leuchtend rote Brücke, die über einen Bach führt – ein Fotomotiv, das sich nur in seiner ganzen Schönheit erschließt, wenn man den Mut hat, die mittleren Trittsteine im Wasserlauf zu betreten. Dann offenbart sie ihre Symmetrie, eingebettet in ein Meer aus Grün. Oder, die Brücke dominiert als rotes color-key eine schwarzweiße Natur, wie auf meiner Aufnahme aus dem Jahr 2013.

Der Hama-rikyū Garten hingegen liegt nur einen Steinwurf vom geschäftigen Stadtviertel Shiodome entfernt – und wirkt dennoch wie aus der Welt gefallen. Einst das Jagdrevier des Shogunats, wurde er im 17. Jahrhundert als Tidenpark angelegt: Der zentrale Teich ist durch Schleusen mit der Bucht von Tokio verbunden und verändert sich mit den Gezeiten. Ein hölzernes Teehaus auf Pfählen lädt zur Rast ein – mit Blick auf das Wasser, in dem sich heute die Silhouetten moderner Hochhäuser spiegeln.

Es ist diese eigenwillige Schönheit – das Nebeneinander von Jahrhunderte alter Stille und futuristischer Architektur – die Tokios Gärten so besonders macht. Hier scheint die Zeit nicht zu vergehen, sondern sich zu dehnen, als würde sie innehalten für einen kurzen Moment.

Wer sich darauf einlässt, spürt: Diese Gärten sind mehr als dekorative Rückzugsorte. Sie sind bewusste Kontraste zum urbanen Leben – und vielleicht das ehrlichste Gesicht dieser faszinierenden Stadt.

Bild 1: Die rote Brücke im Koishikawa Kōrakuen
Bild 2: Der Wasserfall im Koishikawa Kōrakuen
Bild 3: Im Koishikawa Kōrakuen Garten
Bilder 4: Im Koishikawa Kōrakuen Garten
Bilder 5: Im Koishikawa Kōrakuen Garten
Bild 6: Eine 300 Jahre alte Pinie, gepflanzt von dem 6ten Shogun Tokugawa Ienobu
Bild 7: Eine 300 Jahre alte Pinie und das alte Teehaus im Hama-rikyū Garten
Bild 8: Blühende Hügel
Bild 9: Hochhäuser am Hama-rikyū Garten
Bild 10: Tradition trifft Moderne am Hama-rikyū Garten

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