„License to Fake and Hate“: Wie soziale Netzwerke Desinformation verstärken

Kontinent oder Ozean

Wie viele werden nach dem gestrigen Gespräch zwischen Musk und Weigel wohl die Mär glauben, dass Angela Merkel 2015 die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet habe – obschon es im Schengenraum gar keine geschlossenen Grenzen gab, die man überhaupt hätte öffnen können? Oder die Behauptung von Musk, Diebstähle von Waren mit geringerem Wert als 1000 $ seien in Kalifornien quasi legal, obwohl sie als Vergehen geahndet und mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bestraft werden?

Offensichtlich ist, dass bewusste Desinformation einen immer größeren Platz im Handlungsarsenal jener einnimmt, die ihre Interessen durchsetzen wollen. Diese Falschaussagen finden einen fruchtbaren Nährboden bei vielen Unzufriedenen. Wer sich im „Compliance Bias“ befindet, nimmt bereitwillig alles auf, was die eigenen individuellen „Wahrheiten“ bekräftigt, bestätigt oder ergänzt.

Mag man sich auch über den Unsinn des Gesprächs zwischen Weigel und Musk auf der Plattform X amüsieren, so vergibt nun auch Facebook mit der „License to Fake and Hate“ Freibriefe für jedermann. Damit steigt die Reichweite von Lug und Betrug durch das Dreigestirn Facebook, Instagram und X auf Milliarden monatlich aktive Nutzer – eine gewaltige Beeinflussungsmaschinerie, die nun mit gelockerten Governance-Regeln operiert.

Daraus ergibt sich die zentrale Frage: Tragen soziale Netzwerke mit ihrer zunehmenden Beliebigkeit und Unglaubwürdigkeit zur kulturellen Weiterentwicklung bei – oder behindern sie diese ebenso zunehmend?

Und da man kaum Einfluss auf diese Netzwerke hat, muss man sich dem Umgang mit ihnen stellen, um dem wachsenden Einfluss gezielter Desinformation und Manipulation begegnen zu können. Die Plattformbetreiber ziehen sich zunehmend aus der Verantwortung für Inhalte zurück, da sie selbst von der politischen Lage abhängig sind. Bildungssysteme, Journalisten und die Nutzer selbst müssen sich verstärkt auf den Umgang mit digitaler Propaganda einstellen.

Die Lösung könnte in einer gezielten Förderung der Medienkompetenz bereits im Kindesalter liegen – eine essenzielle Fähigkeit in Zeiten von Deepfakes, Bots und algorithmischer Verzerrung. Schulen und Universitäten sollten kritisches Denken und die Bewertung von Quellen als Grundpfeiler der Bildung verankern. Darüber hinaus könnten Initiativen, die Faktenchecks und unabhängige journalistische Arbeit fördern, eine Schlüsselrolle spielen.

Technologische Ansätze wären ebenfalls hilfreich. Fortschrittliche KI-Modelle könnten nicht nur zur Erkennung von Fake News eingesetzt werden, sondern auch zur Förderung transparenter Informationskanäle. Eine Art „digitales Hygienezertifikat“ für Inhalte könnte entstehen – ein System, das zeigt, ob ein Beitrag von vertrauenswürdigen Quellen unterstützt wird oder manipuliert ist.

Der dringend benötigte Gegenentwurf zur „License to Fake and Hate“ könnte eine „License to Critically Think“ sein – eine Fähigkeit, die durch Bildung erworben wird und Menschen dazu befähigt, nicht nur Informationen aufzunehmen, sondern sie auch kritisch zu bewerten.

Als Konsequenz habe ich meine Accounts bei Facebook, Instagram und X (Twitter) gelöscht.

Bild 1: Auf dem Weg zu einer besseren Welt ohne das "Dreigestirn"?

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